Dietmar Zöller

Ein Mensch, den keiner haben will - Von der Einsamkeit eines Autisten


06.08.21

Ich kannte einen Autisten, der als er zehn Jahre alt war, schöne Bilder malte.
Sein Lieblingsmotiv waren Blumen.
Der Junge hatte eine ausgeprägte Mimik.
Zahlreiche Fotos von ihm erschienen in Broschüren und auf Handzettel .
Der Junge verschwand in ein Heim, in einem fernen Bundesland, noch bevor er Erfolg haben konnte
beim Gestützten Schreiben.
Nun ist aus dem zehnjährigen Jungen ein Mann in den Vierzigern geworden.
Sein Vater las aus einem Arztbrief vor, in dem die Rede davon war, dass Herr... in Handschellen von der Polizei ins Krankenhaus gebracht wurde.
Was soll geschehen?
Das Heim, in dem er so viele Jahre eine Heimat gefunden hatte, das glaubten jedenfalls die besorgten Eltern,
will ihn nicht wieder aufnehmen.
Wohin soll dieser Mensch, den man als Kind für einen Autisten mit großen Potenzial hielt?
Seine Fotos, von Künstlerhand geschaffen, hatten immer wieder die Frage provoziert:
Was denkt dieses Kind, was fühlt es, ohne es aussprechen zu können?
In den Kreisen, in denen der Junge bekannt war, galt er als der einzige Autist, dessen Mimik vielsagend war.
Wie ist es möglich, dass es für dieses Kind keine geeignete Heimat gab?
Wie ist es möglich, dass dieser Mensch keine Freunde hat und niemanden fand, der ihm signalisierte:
Du bist eine wertvolle Person, dich habe ich gern!
Könnte es mir doch gelingen, Mitstreiter zu finden, die sich für autistische Personen einsetzen, die keiner haben will.

 

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